Gastbeitrag von Wiebke Kaesberg: Stroh am Zukunftsforum Energiewende?

Christian Reisenthaler
4 min readDec 5, 2018

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Bildquelle: www.zukunftsforum-energiewende.de

Wiebke Kaesberg macht Öffentlichkeitsarbeit für “energieeffizientes Bauen mit Stroh”. Sie hat sich am Zukunftsforum Energiewende zum Thema Herstellungsenergie von Gebäuden umgesehen und ich darf ihr sehr interessantes Ergebnis hier auf meinem Blog präsentieren!

Zukunftsforum Energiewende 2018

20./21.11.2018 in Kassel

Verfasserin: Wiebke Kaesberg, sie engagiert sich im Bereich Marketing für die stärkere Nutzung von Stroh als Baustoff.

Wiebke Kaesberg

Die Veranstaltung war sehr groß angelegt, die Organisation hochkarätig und die Teilnehmerschaft vielfältig mit einem Schwerpunkt auf Vertretern von Bund, Land Hessen, Städten und Kommunen aber auch Vereine, Verbände, Genossenschaften, Vertreter der Wissenschaft und von Unternehmen aus der Energiewirtschaft, Gebäudemanagement, Banken, Transport, uvm. Viele Akteure hatten Stände im Ausstellungsbereich und standen für Gespräche zur Verfügung.

Es gab 28 Foren, d.h. Veranstaltungen im Vortrags- oder Workshopformat sowie Exkursionen zu umliegenden Projekten. In mehreren Foren wurden Präsentationen vom Land Hessen, von Städten und Kommunen gehalten wie auch von Verbänden, Genossenschaften und anderen — meist institutionellen — Akteuren.

Themenschwerpunkte waren Erneuerbare Energien, Wärmeversorgung und Mobilität sowie das Thema Sektorenkopplung (Kopplung der oben genannten Sektoren). Es wurde auch über die neue Gesetzeslage auf Ebene von EU und Bund (z.B. das EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz) sowie über Fördermöglichkeiten z.B. von Kommunen informiert.

Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen kam als Vortrag nicht vor und auch innerhalb der Vorträge wurde Bauen höchsten als Stichwort am Rande wie „Gebäudemanagement“, „Gebäudeeffizienzmaßnahmen“ erwähnt.

Mit Bau allgemein hatten lediglich zwei Foren explizit zu tun: Forum 11 „Schulbau“ und das Forum 12 zum Thema Quartierssanierung. Die KfW stellte dort auch Ihre Förderprogramme vor, die darauf abzielen, eine jährliche Sanierungsquote von 2,5% aller Häuser in Deutschland zu erreichen (derzeit sind wir bei ca.1% pro Jahr)und so bis 2050 den CO2-Ausstoß im Quartier stark zu reduzieren.* Dabei ist jedoch lediglich der CO2-Ausstoß im Betrieb gemeint, d.h. graue Energie — die notwendige Energie, um Baustoffe herzustellen — wird keinesfalls berücksichtigt.

Video zum Zukunftsforum Energiewende 2018

Persönliche Einschätzung sowie Empfehlung aufgrund von Gesprächen mit KfW und der Klima und Energieeffizienz Agentur:

Solange graue Energie keine Berücksichtigung findet, hat ein Baustoff wie Stroh in der großflächigen Gebäudesanierung in meinen Augen keine Chance. Die Kriterien für den Förderkatalog z.B. der KfW erstellen die Ministerien, namentlich das Bundesumweltministerium sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Darauf beratend Einfluss nehmen könnten ggf. die Produktmanager einer KfW aber ob das in ihrem Interesse ist, bliebe zu klären. Ansonsten übernehmen die PMs der KfW z.B. einfach die Vorgaben der Ministerien. Auch die oben genannte Klima und Energieeffizienz Agentur könnte beratenden Einfluss nehmen. Diese über Stroh im Sanierungsbereich zu informieren, schlage ich aufgrund des Messebesuchs vor.

Gespräche mit Vertretern des Umweltministeriums Hessen ergaben, dass im Rahmen der Landesbauordnung für landeseigene Gebäude die Entscheidung über Kriterien der Mittelvergabe im Finanzministerium getroffen wird. Die dort tätigen Ingenieure und Architekten über Stroh als Dämmstoff zu informieren wäre ein möglicher nächster Schritt.

Kommunen als wichtige Akteure im Klimaschutz

Auf kommunaler Ebene gibt es zahlreiche Initiativen und viel Engagement für den Klimaschutz, z.B. im Rahmen des 100%-Erneuerbare-Energien-Regionen-Netzwerks. Die Kommunalrichtlinie 2019 vom Bundesumweltministerium ermöglicht Kommunen, Finanzmittel zu beantragen für Klimaschutzmaßnahmen. Z.B. können Schulen und Kitas eine Fachkraft für Energieeffizienz einstellen, um das Umwelt- und Energiebewusstsein von Kleinkindern und Schülern zu fördern. Kommunen können KlimaschutzmanagerInnen bezuschusst einstellen, die Klimaschutzkonzepte entwickeln und umsetzen sollen. In den Bereichen, in denen Kommunen hohe Energieverbräuche haben z.B. bei der Straßenbeleuchtung, in der Abfallwirtschaft und insbesondere Kläranlagen werden Energiesparmaßnahmen bezuschusst, Fahrradwege werden optimiert etc.

Bildquelle: www.zukunftsforum-energiewende.de

Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe im Bausektor könnte bei Kommunen nur im Bereich Sanierungen von Nicht-Wohngebäuden gefördert werden (öffentliche Neubauten liegen nicht in kommunaler Hand) und auch hier nur, sofern die Verwendung nachwachsender Rohstoffe in den Kriterienkatalogen der Klimaschutzkonzepte der jeweiligen Kommune drinsteht.

Aktuelle Einflussmöglichkeit: Sofern Städte und Kommunen gerade dabei sind, ihre Konzepte zu entwickeln, wäre JETZT der Zeitpunkt, die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen in die Kriterienkataloge aufzunehmen. Sind die Konzepte bereits erstellt, besteht dazu keine Möglichkeit mehr. Durch Kontaktaufnahmen mit kommunalen Spitzenverbänden, Fachgremien wie auch Städtetagen könnte herausgefunden werden, wo noch Einflussmöglichkeiten bestehen. Eventuell könnte auch zentral über das Bundesumweltministerium Einfluss auf die Bestimmungen für die Fördermittelverteilung genommen werden.

Resumé des Veranstaltungsbesuches:

Es war beeindruckend, wie viele Stellschrauben für den Klimaschutz es gibt und wie an ihnen bereits mit viel Engagement durch zahlreiche Akteure „gedreht“ wird.

Es war aber auch ernüchternd, dass der Bausektor kaum betrachtet wird, obgleich der Bau eines Eigenheims einen sehr großen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Hintergrund ist vielleicht, dass diese Investitionen privat getätigt werden, während Kläranlagen und beleuchtete Fahrradständer aus öffentlichen Geldern finanziert werden müssen. Dass bei der Auftragsvergabe zumindest im öffentlichen Baubereich jedoch die notwendige Energie für die Herstellung von Baumaterial gar nicht eingerechnet wird, ist sehr auffällig und macht zumindest nachdenklich.

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Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Medienpartnerscchaft der Energieblogger mit dem Zukunftsforum Energiewende entstanden.

Links:

Inhaltliche Eindrücke der Veranstaltung auch mit Verweis auf teilweise schon bereitstehende Präsentationen im Netz hier.

Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V. (FASBA)

Feedback könnt ihr gerne direkt an Wiebke Kaesberg oder gerne auch an mich senden!

Link zu den Energiebloggern

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Christian Reisenthaler

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