Sonnenklee geht neue Wege in der Baustroh-Versorgung

Christian Reisenthaler
5 min readJul 3, 2017

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Ein Interview mit den Baustroh-Produzenten bei der Firma Sonnenklee.

© Sonnenklee

Beim QuartierBreakfast im CoWorking-Space in St. Pölten hab ich von Robin Gerl (RIZ Gründer-Agentur St. Pölten) erstmals von der Firma Sonnenklee erfahren und er hat mir erzählt, dass Sie angeblich an Innovationen im Baustrohbereich arbeitet. Weil im Internet nicht viel dazu erfahren war, ich aber mehr wissen wollte, habe ich kurzerhand den Geschäftsführer, Martin Matzenberger angerufen und gefragt ob ich mit Ihm ein Interview machen darf. Ich bin dann nach Abetzdorf bei Kematen gefahren und führte ein Gespräch mit ihm und seinem neuen Mitarbeiter Reinhard Appeltauer. Reinhard war bis vor kurzem noch bei der Firma Waldland für die Zertifizierung von Baustroh und ökologische Dämmstoffe zuständig, und ist seit Anfang dieses Jahres für die Firma Sonnenklee tätig.

Das Interview:

Wie kam die Firma Sonnenklee zu Baustroh?

Martin: Wir haben uns mit der Firma Sonnenklee vor einigen Jahren auf die Produktion und Aufbereitung von Wiesen- und Luzerneheu spezialisiert und möchten nun die gewonnene Erfahrung auch im Bereich Baustroh einbringen. Ich glaube an eine nachhaltige Zukunft und dass Stroh im Bauwesen bald eine weit größere Rolle spielen wird. Mittlerweile werden Projekte im Strohballenbau immer größer und gleichzeitig sind die notwendigen Kleinballenpressen bei den Landwirten immer seltener anzutreffen. Genau diese Lücke wollen wir schließen, in dem wir ganzjährig zertifiziertes Baustroh auch in sehr großen Mengen verfügbar machen. Aus diesen für mich sehr vielversprechenden Gründen haben wir Baustroh ins Zentrum unserer weiteren Entwicklung gerückt.

Was fasziniert dich am Baustoff Stroh?

Reinhard: Am meisten fasziniert mich das Potential, das in dem Material Stroh steckt. Stroh ist ein Nebenprodukt, braucht keine zusätzlichen Flächen, ist 100% CO2-neutral und kann als Baustoff sehr viel leisten. Durch die ausgezeichneten Wärmedämmungseigenschaften kann man mit Stroh mühelos den Passivhausstandard erreichen. Wer heute mit zertifiziertem Stroh baut, geht de facto kein Risiko ein und kann ein langlebiges Gebäude ohne schlechtes Gewissen an die nächste Generation übergeben. Denn wenn ein Strohhaus irgendwann einmal abgerissen wird, dann gibt es keine Problemstoffe die aufwendig entsorgt werden müssen. Stroh hat auch optimale baubiologische Voraussetzungen, wird lediglich gepresst und es benötigt keine Zusatzstoffe damit es als offizieller Baustoff eingesetzt werden darf. Somit baut man mit Stroh auch völlig schadstofffrei, was aus gesundheitlicher Sicht optimal ist. Stroh ist ein nachhaltiger Baustoff mit praktisch keinen Nebenwirkungen, das ist einfach genial!

Wer sind eure Baustroh-Kunden?

Martin: Unsere Kunden sind größten Teils Zimmerer und Holzbaufirmen die von unserem „Rund-Um-Sorglos-Service“ profitieren wollen. Wir bedienten aber auch private Bauherren für den Selbstbau, wenn sie kein Zertifizierungsrisiko eingehen wollen, oder wenn sie außerhalb der Erntezeit kein Baustroh mit der erforderlichen Qualität finden können. Derzeit sind wir übrigens auf der Suche nach weiteren Partner wie Zimmereien oder vielleicht auch den einen oder anderen Fertighaushersteller der bereit ist das nachhaltige Strohballenhaus in seine Produktlinie aufzunehmen.

Was bietet ihr alles an?

© Sonnenklee

Reinhard: Wir produzieren und vermarkten Bio-Baustrohballen in verschiedensten Formaten mit Europäisch technischer Zulassung (ETA 10/0032). Als Ergänzung zum Baustroh bieten wir auch 100%-ig ökologische Hanfdämmung mit Maisstärke-Stützfaser an. Natürlich haben wir weiterhin unsere Futtermittel wie Pferdefutter, Wildfutter und Einstreu im Programm.

Für unser zertifiziertes Baustroh verwenden wir nur Stroh von ausgewählten, optimal entwickelten und gepflegten Weizenbeständen. Unsere Qualitätsprüfung startet bereits vor der Getreideernte, direkt auf den Feldern. Um das Stroh möglichst schlagkräftig und effizient, in perfekt trockenem Zustand einlagern zu können, setzen wir zumeist auf moderne Großballen-Presstechnik. Somit reduzieren wir das Wetterrisiko bei der Stroheinbringung auf ein Minimum und verfügen über ein riesiges Lager an hochqualitativer Ware. Nach konkreter Kundenbestellung durchläuft das Stroh einen bislang einzigartigen Reinigungsprozess mit anschließender Pressung zur gewünschten Ballenform. Parallel dazu läuft unser Qualitätssicherungssystem, um den hohen Anforderungen der Europäisch Technischen Zulassung Rechnung zu tragen und unseren Kunden Bio-Baustrohballen im Premiumqualität bieten zu können. Damit sorgen wir für höchste Sicherheit in allen technischen und baurechtlichen Belangen, sowohl für unsere professionellen Verarbeitungsbetriebe, als auch für die Baufrau/den Bauherren selbst.

Ja und neben Qualität ist für uns der zweite, mindestens genau so wichtige Punk die Verfügbarkeit. Weil wir über sehr große Lagerflächen verfügen, können wir Baustroh das ganze Jahr über auch in großen Mengen von den lagernden Großballen in Kleinballenformate aufbereiten und zur Verfügung stellen.

Auf Wunsch können wir auch eine Vor-Ort-Zertifizierung (ETA) vornehmen. Das kommt zum Beispiel vor, wenn ein Landwirt sein eigenes Stroh für den Bau seines Hauses verwenden möchte. Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass wir abseits unserer speziell aufbereiteten Baustrohware bei Bedarf auch feldgepresste Ballen liefern können.

Woran arbeitet ihr sonst noch, wo wird die Reise von Sonnenklee hingehen?

Martin: Neben dem Ausbau unseres Partnernetzwerkes arbeiten wir derzeit auch intensiv an Innovationen für den Baustroh-Bereich. In Kürze werden wir unsere ersten Versuche mit Stroh als Einblasdämmung machen. Dafür suchen wir gerade nach einem Pilotprojekt um Erfahrungen aus der Praxis zu bekommen.

Gemeinsam mit einem Maschinenbau-Spezialisten entwickeln wir auch eine neue Baustroh-Aufbereitungsanlage. Ziel ist es mit der neuen Anlage noch schneller und flexibler auf Kundenanforderungen reagieren zu können. All unsere Erfahrungen der letzten Jahre fließen in die technische Entwicklung ein und ich denke mit dem Ergebnis erreichen wir einen nächsten großen Schritt in der Professionalisierung des Strohballenbaus. Die Anlage wird in den nächsten Monaten einsatzbereit sein und dann werden wir auch noch mehr Details auf unserer Webseite veröffentlichen.

Reinhard: Für den Herbst planen wir gemeinsam mit einigen unserer Partner auch noch eine Exkursion für angehende Bauherren. Bei der Veranstaltung sollen Leute die überlegen ein Strohhaus zu bauen die Möglichkeit bekommen, fertige Strohballenhäuser zu besichtigen und mit den Bewohnerinnen zu sprechen. Auch an einem Schulungsprogramm für neue Verarbeitungs-Partner arbeiten wir. Wir wollen damit den Einstieg von Zimmerern und Holzbaufirmen in den Strohballenbau erleichtern. Weil es beim Bauen mit Stroh vieles zu beachten gibt, werden wir eine spezielle Schulung für Fachleute aus dem Holzbau anbieten. Damit wollen wir die Scheu vor dem ersten Projekt nehmen.

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